Geschichte Teil 1
Schon nach unserem ersten Erkundungsgang und dem ersten Gespräch über die Immobilie war uns klar: das ist ein altes Haus. Klar.
Aber mehr wussten wir nicht. Es gab alte Bilder und man erzählte uns von Photos, aber genaue Daten wusste keiner.
Was wir als erstes bekamen, waren die Grundrisse aus dem Bauamt in Hersbruck.


Genauer wurde es leider nicht. Die Maße waren so auch nicht korrekt. Und ein Erbauungsjahr sucht man vergebens.
Aber man kann auch ein paar interessante Dinge daraus sehen: die ursprüngliche Aufteilung der Räume, die Anordnung der Fenster und eine Ansicht der Fassade.
Auch in den offiziellen Urkunden, wie dem Kaufvertrag, steht nicht viel mehr. Lediglich im Energieausweis steht ein Baujahr von 1900. Wohl eher ein Schätzwert.
Erst gestern haben wir unseren Nachbarn auf dem Vorplatz getroffen. Er erzählte uns, er habe ein Bild von seinem und unserem Haus aus den 50er Jahren auf seinem Dachboden gefunden!

Also was wissen wir bis jetzt über unser Monster?
Das Haus ist so ungefähr von 1900. Wenn man nach den riesigen Dachboden und die Trockengauben auf den Bildern geht, war es wohl ein Hopfenhaus, in dessen Dachboden der Hopfen zum Trocknen aufgehängt wurde. Unten waren Ställe, vermutlich hielt man hier Schweine. Wie auf dem Bild noch zu sehen ist, gehörte mal eine Scheune, ein Nutzgarten und laut den Erzählungen unserer Nachbarn ein Backhaus dazu. Ein Bauernhaus also.
Es gehörte wohl zumindest zwischenzeitlich einer Familie Schuhmann, denen der Skilift (ja, wirklich!) gehörte. Daher nennen die Leute im Ort unser Monster auch heute noch das „Schuhmannhaus“.
Dann bekam das Haus ein zweites Leben, als es an die Schwester des aktuellen Besitzers des Windbeutelcafes Hohensteiner Hof verkauft wurde. An einem Punkt (wann genau wissen wir nicht) wurde aus dem Haus dann die Mietskaserne für die Mitarbeiter des Cafes. Und es wurden ein paar aus unserer Sicht furchtbare Umbauten vorgenommen. Im ersten, zweiten und dritten Stock wurden insgesamt acht Wohnungen gebaut. Mit teilweise wirklich seltsamen Aufteilungen. Daher auch die abstruse Zahl von acht Bädern und zwei Toiletten im Haus! Fenster wurden unschön versetzt, sodaß die sowieso schon nicht symmetrische Fassade noch unruhiger wurde. Im ersten Stock gab es wohl mal einen Balkon, für den ein bodentiefes Fenster als Tür eingebaut wurde.
Seit drei Jahren lebte aber niemand mehr im Haus. Keine Heizung, keine frische Luft. Nur kaputte Teppiche (beziehungsweise Stoff auf dem Boden) und marienkäferverseute Fensterrahmen und Vorhänge.
Im Herbst 2019 verkaufte die ältere Damen das Objekt dann an einen türkisch stämmigen Käufer. Leider nicht, bevor ihr Bruder fast den gesamten Garten zusammengesägt hatte. Auch der Hausbaum, eine riesige Kastanie, wurde nicht verschont und verlohr fast alle großen Äste.
Und das war der Stand, als wir dazukamen. Der direkte Vorbesitzer sagte uns, er habe das Haus für seine Familie gekauft und hätte es für diese ausbauen wollen. Ob daran ein wahres Wort ist und die Tatsache, dass er das Haus um einiges teurer verkauft als gekauft hat, ist am Ende des Tages auch egal. Und auch die Schäden, die wir gefunden haben (zwei Wasserschäden, nasse Außenwände, ein paar morsche Balken, ein versotteter Kamin), haben uns die Freude an dem Haus nicht vergellt.
Zum Stand heute weiss ich eins: wir haben kein historisches Haus, aber eins mit Geschichte. Und ich bin gespannt, was wir noch darüber hinausfinden.